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Binder stichelt
Schmolze Jürgen 2 1

“Binder stichelt” sind meine Glossen in Gedichtform überschrieben, die seit März 2010 jeden Montag auf der ersten Lokalseite in der “Schwäbischen Zeitung” erscheinen. Presseartikel siehe HIER! Hier findet man immer die drei neuesten Sticheleien.

Verwendung der Texte - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung von Jürgen Binder

Jetzt auch in Buchform!!!

01.09.14
Nachruf
Du wirsch ja no am Lebe bleibe
für drei Woche ungefähr.
I will trotzdem scho en Nachruf schreibe.
Und des fällt mir it mal schwer.
 
Wochenlang lagsch kränkelnd rum
unterkühlt im Krankebett.
Mir hent – und des war richtig dumm –
ganz selte richtig Sonne g’hett.
 
Die Bade-Dauerkart frisch g’lade
verschimmelt mir im Portemonnaie.
Bloß drei Mal waret mir beim Bade
in unserm schöne Bodensee.
 
Wollt oiner, weil für Männer Pflicht,
das perfekte Grillen lerne,
lernte er das Grillen nicht.
Lediglich das Roschtentferne.
 
Wie aus Kübeln duet’s oft gießen;
Wasser gab’s genug im Garte.
Doch, hasch Rasen mähen müssen,
musch du erscht mal drei Tag warte.
 
Bloß Schachtelhalm und Löwenzahn,
Günsel, Giersch und Ackerwinde
grinset dich im Garte an.
Au Sauerampfer konntesch finde.
 
Fuchsschwanz, Quecke, Knöterich,
Schaumkraut, Schierling, Wiesenklee,
au Wegerich verbreitet sich.
Ja, des Unkraut findet ‘s Wetter schee.
 
Dein Nachfolger stoht ante portas.
Es isch wie jedes Jahr de Herbscht.
Weshalb i liebend gern di fort lass.
It traurig bin, dass du bald sterbscht.
 
Drum lass, drei Woche hasch no Zeit,
den schlechten Ruf it auf dir sitze
und zoig endlich alle Leut:
Sommer isch und ihr munt schwitze!

 

25.08.14
Friesennerz
Bei Regen schlägt des Friesen Herz
unter einem Friesennerz:
En gelbe Mantel oder Kittel,
zum Kauf, da brauchscht du it viel Mittel
und wenden konntescht du ihn au.
Dann hasch en Friesennerz in Blau.
Die Friesen ihn erfunde hent,
weil die halt oft Schietwetter hent.
Einstmals konnten wir mit Wonnen
uns noch hier im Süden sonnen.
 
Dies Jahr bräuchtet, Hand aufs Herz,
mir Südländer en Friesennerz.
Von oben her fascht jedes Fest
wird regelmäßig eingenässt.
 
Went grillen Sie, i sag es Ihnen,
grillen Sie am Beschten dinnen.
Der Regen, den es runterhaut,
sonscht Ihr Schweinesteak versaut.
 
Das Wetter, regnerisch und kalt,
macht au vor der Kultur it halt.
In Bregenz selbst im Friesennerz
für Zauberflöte schlägt das Herz.
Hätt der Wolfgang Amadeus g’wisst,
wie dieses Jahr das Wetter ist,
dät er die „Zauberflöte“, die mir kenne,
wahrscheinlich „Wasserpfeife“ nenne.
 
Händel hat da weiter denkt,
als er uns seine Musik schenkt.
Und so enthalten seine Werke
au Wasser – it bloß Feuerwerke.
 
Der Duft der großen weiten Welt
jetzt au im Hafe Einzug hält.
Drum zog das „Diner en blanc“
mi am Samstag ganz stark an:
Diner, manger und bien parler
isch wunderschön am Bodensee.
 
Bloß oins isch halt en Riesensch…:
Wo gibt’s en Friesennerz in Weiß?

18.08.14
Beraten und verkauft
Dezernente, wie mir alle wisset,
alles besser wisse müsset.
Sind sie am End' mit ihr‘m Latein,
schaltet sie Berater ein.
 
Smarte Bubis, Klamotte von Boss.
Gut frisiert, meist schlank und groß.
Oft den MBA erworbe,
von der Praxis unverdorbe,
geistig gerade das Nichts no durchdringend.
Irrelevanze erfasset sie zwingend,
“benchmarket“ gerne mit knallharte Zahle,
liebet das Interpretier'n des Banale.
Sie analysieret Imponderabilien
humorvoll – vergleichbar mit alte Fossilien.
 
Kurz – en Berater isch äußerscht patent.
Alles an ihm funktioniert wie a Rädle,
des au mindestens 50 Stellunge kennt,
- aber halt leider koi oinziges Mädle.
 
Für ‘s Restaurant vom GZH
war au so en Berater da,
der Verwaltung und Gemeinderat
gaschtro-kompetent berate hat.
Gemeinsam setzt me sich des Ziel,
dass me de Allerbeschte will.
Oin, der älles mache könnt:
Hochzeite, corporate event.
Aus Fellbach kommt der hoiße Typ.
Schafft nach Excellenz-Prinzip,
bundesweit in top locations;
und des wäret doch sensations:
Mit Porsche, Daimler kann er glänze
und EnBW als Referenze.
Der Märchenprinz hoißt Rauschenberger. –
Doch heut macht uns der Kerle Ärger,
weil er aus monetären Gründen
das GZH it guet dät finden.
Der Dezernent moint: „Hoppala,
aber ’s isch ja no de Zehrer da!“
 
Da lob i mir den Spruch den alten:
„Statt Berater erstmal Hirn einschalten.“